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Customer Empathy Map: Das Werkzeug für tiefgehendes Kundenverständnis

Manuel Schmidt
Gutes Marketing nimmt nicht nur das eigene Produkt, sondern auch die Kund:innen in den Fokus. Dabei sind hard facts wie Alter, Geschlecht und Beruf relevant. Aber nicht nur. Was braucht’s für eine tiefe Bindung?

Wer weiß, wie potenzielle Kund:innen denken und fühlen, kann ihr Handeln besser nachvollziehen – und so das eigene Angebot entsprechend modifizieren. Das trägt zu einer nachhaltigen Kundenzufriedenheit bei. Hier kommt die Customer Empathy Map ins Spiel.

Welche Vorteile dieses Tool mit sich bringt und wie du es auch fĂĽr die Customer Intelligence in deinem Unternehmen einsetzt, liest du in diesem Beitrag.

Customer Empathy Map: Die GefĂĽhlswelt potenzieller Kund:innen skizzieren

Die Customer Empathy Map (Deutsch: Kunden-Empathie-Karte) ist ein nützliches Tool, um die Grundlage für kundenzentriertes Marketing zu legen. Doch auch wer im eigenen Unternehmen schon länger auf Customer Centricity setzt, kann mit einer Customer Empathy Map den Blick auf Kunden nochmals extrem schärfen. Kurzum: Das Tool lässt sich also sowohl mit Vorwissen als auch ohne weiterführendes Know-how im Bereich Kundenzentrierung nutzen.

Aber was hat es genau mit einer solchen Karte auf sich? Die Customer Empathy Map wird in der Regel im Rahmen eines Workshops angefertigt. Sie ist ein physisches oder auch digitales Produkt, das in einem interaktiven Schaffensprozess entsteht – oft bei einem gemeinsamen Brainstorming. Wie bei zahlreichen agilen Methoden, zum Beispiel dem Design Thinking, arbeiten die Teilnehmer des Workshops mit Post-its und einem Plakat im A1- oder A0-Format. Auf diesem ist die Kunden-Empathie-Karte mit ihren sechs unterschiedlichen Segmenten abgebildet.

Ziel ist es, sich vollkommen auf den Kunden oder die Kundin einzulassen und deren Umfeld sowie Gefühlswelt kennenzulernen – zwei Dinge, die sich gegenseitig beeinflussen. Die Kunden-Empathie-Karte, als eine super Alternative zu bekannten Personas, versucht also, Wahrnehmungen, Taten, Motivationen und Bedürfnisse von (potenziellen) Kunden zu ergründen. So nimmt sie Abstand vom Rational-Choice-Ansatz und der Annahme, dass der Mensch stets rational handelt. Stattdessen gelingt es der Customer Empathy Map, den Zusammenhang zwischen Lebensrealität und persönlicher Motivation abzubilden.

Vollumfängliches Kundenverständnis: Was die Customer Empathy Map leisten kann

Wer Einfühlungsvermögen für seine Kund:innen entwickelt und Hintergründe deren Handels versteht, kann das eigene Angebot noch fokussierter auf die Bedürfnisse der Zielgruppe ausrichten. Die Customer Empathy Map trägt dazu bei, ein Gefühl für die Einstellungen und Taten potenzieller Interessenten zu bekommen und das Ganze zu visualisieren.

Man könnte also sagen, dass die Kunden-Empathie-Karte noch einen Schritt weiter geht, als es die Persona tut. Während eine Buyer Persona der Zielgruppe zunächst ein Gesicht – eine Persönlichkeit – verleiht, taucht die Customer Empathy Map noch tiefer ein. Sie beleuchtet das Umfeld und die Emotionen von Kunden.

Durch das Anfertigen einer Customer Empathy Map bekommen Interessenten also mehr Kontur. So gelingt es Unternehmen, ein tiefgehendes Kundenverständnis zu erlangen. Das hat einen handfesten und praktischen Nutzen: Denn so eröffnen sich mitunter neue Kanäle, die das eigene Unternehmen bespielen – und so zu mehr Kundenzufriedenheit beitragen kann. Ein nachhaltiger Erfolgsgarant.

Tipp:
Beim Anfertigen einer Kunden-Empathie-Karte geht es weniger darum, Annahmen zu treffen, was der Kunde denkt. Vielmehr ist es Ziel der Customer Empathy Map, darzulegen, welchen Einflüssen ein Interessent ausgesetzt ist und wie diese womöglich sein Handeln und auch sein (Kauf-)verhalten beeinflussen.

Auf einen Blick: Was die Customer Empathy Map leisten kann – und was nicht

  • ja: Blick fĂĽr das Umfeld der Kund:innen
  • ja: BeweggrĂĽnde und Lebensrealität
  • nein: wahre Gedanken der Kund:innen
  • ja: Kundenverständnis
  • in Konsequenz: Steigerung der Kundenzufriedenheit

Wie lässt sich die Kunden-Empathie-Karte nutzen?

Um die Gefühle der Kund:innen näher kennenzulernen, lässt sich die Customer Empathy Map auf zwei unterschiedliche Wege erstellen. Das größtmögliche Kundenverständnis erlangst du, indem du die beiden Anwendungsbereiche kombinierst – das lohnt sich, ist aber mit viel Zeit und jeder Menge Aufwand verbunden.

Egal wie: Sinnvoll ist das Anfertigen einer Map im Rahmen eines Workshops. Eine überschaubare Teilnehmerzahl garantiert, dass alle fokussiert arbeiten können. Die Person, die den Workshop leitet, sollte bereits eingehend mit der Customer Empathy Map vertraut sein und immer die Zielsetzung im Blick behalten. Bei Bedarf – wenn sich die Workshop-Teilnehmer in Einzelheiten verlieren – kann der Leiter außerdem zurück zum Thema führen.

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#1: Begeisterungsfähigkeit und Kundennutzen aus Sicht des Unternehmens

Der einfachste Weg, die Kunden-Empathie-Karte zu bearbeiten, ist die unternehmensinterne Perspektive. Da die Kundenzentrierung im Fokus steht, bietet es sich an, die Workshop-Teilnehmer entsprechend auszuwählen. Mitarbeiter aus den Bereichen Vertrieb und Marketing stehen häufig in Kundenkontakt und erhalten Einblicke in die Lebensrealität der Kundinnen und Kunden. Mit im Boot sollte auch die Geschäftsführung sein.

Im Customer Empathy Workshop erarbeiten die Teilnehmer dann im Brainstorming Vorschläge für die verschiedenen Felder. Hier lässt sich auf Erfahrungen und Berichte, die im Gespräch mit den Kunden zutage getreten sind, zurückgreifen. Möglich ist es auch, Hypothesen aufzustellen – diese sollten sich aber im Bereich des Wahrscheinlichen und Naheliegenden bewegen.

#2: Auf echte Customer Experience setzen: Marktforschung at its best

Einen echten Einblick in das Leben der Kund:innen haben nur die betreffenden Personen selbst. Daher ergibt es Sinn, einen weiteren Workshop abzuhalten, bei dem ausgewählte Kund:innen zum Teilnehmerkreis zählen. Der Vorteil: Die Customer Empathy Map ist so authentisch, wie es einer erdachten Persona niemals gelingen wird. Der Nachteil: Solche Workshops sind besonders zeit- und ressourcenintensiv.

Auch gestaltet es sich nicht immer einfach, Kundinnen oder Kunden zu finden, die sich zur Teilnahme bereit erklären. Je nach Geschäftsfeld können außerdem weitere Herausforderungen mit dieser Art der Karten-Bearbeitung einhergehen. International agierende Onlineshops tun sich mit der Rekrutierung von Freiwilligen wahrscheinlich deutlich schwerer als ein mittelständischer Bauhandel. Doch auch hier gilt es, die Kunden für die eigene Sache zu gewinnen und den Charakter des „Versuchsaufbaus in der Chemiestunde“ abzuwerfen.

#3: Beide Karten vergleichen – und Learnings mitnehmen

Einen wahren Meilenstein erreichen Unternehmen, die die Customer Empathy Map sowohl betriebsintern als auch die extern bearbeiten. Denn: Jetzt lassen sich beide Ergebnisse miteinander in Relation setzen. Und das sorgt fĂĽr Learnings der besonderen Art. Zum einen erhalten Unternehmen einen authentischen Einblick in die GefĂĽhle, die Motivationen und die WĂĽnsche der Kund:innen.

Zum anderen besteht die Möglichkeit, Diskrepanzen zwischen Hypothesen zur Kundenzufriedenheit und der wahren Kundenzufriedenheit aufzudecken. Wer hier reflektiert vorgeht, erhält ein Gefühl für das eigene Kundenverständnis:

Wo schätzen wir unsere Kund:innen genau richtig ein?
Wo lagen wir komplett daneben?
Wie können wir uns noch besser auf Interessenten einlassen?

Eine eingehende Reflexion der Ergebnisse sorgt dafĂĽr, eine profunde Customer Intelligence zu entwickeln. Doch wie genau sieht die praktische Umsetzung einer Empathy Map aus und wie setzen sich die einzelnen Segmente der Karte zusammen?

Die Customer Empathy Map im Detail: So gelingt die praktische Umsetzung

Mithilfe der Empathie-Karte gelingt es, ein tieferes Verständnis für die Kund:innen zu erlangen. Dabei stehen nicht nur die Wünsche und Gefühle der Kund:innen oder einer Persona im Zentrum, sondern auch äußere Einwirkungen. Bei der Bearbeitung der Map sind daher sechs unterschiedliche Segmente vorgesehen. Sinnvoll ist es, sich bei der Bearbeitung der Empathie-Karte vom Offensichtlichen zum Komplexeren vorzuarbeiten – oder von äußeren Einflüssen bis hin zur Gefühlswelt.

Segment 1 - Visuelle Wahrnehmung | Was sieht der Kunde?

Das erste Segment verfolgt das Ziel, herauszufinden, welchen visuellen Eindrücken der Kunde/ die Kundin bzw. die Buyer Persona ausgesetzt ist. Was sieht der Kunde bzw. die Kundin? Womit wird er täglich konfrontiert? Solche Fragen helfen, Segment 1 auszufüllen. Im B2B-Bereich ergibt es durchaus Sinn, sich außerdem mit den Wettbewerbern auseinanderzusetzen: Welche Mitbewerber sieht er/sie?

Segment 2 - Handeln | Was sagt und tut die Kundin bzw. der Kunde?

Segment 2 legt dar, wie sich die charakterisierte Persona bzw. der Kunde nach außen hin verhält. Wichtig ist an dieser Stelle, dass das Handeln nicht unbedingt mit dem Denken übereinstimmen muss. Wer hierfür ein Gespür entwickelt, kann die Handlungen seiner Kunden besser nachvollziehen. Dinge, die sich im Segment 2 festhalten lassen, sind Standpunkt, Verhalten(-sauffälligkeiten), Erscheinungsbild und Habitus.

Segment 3 - Hören | Was hört die Kundin bzw. der Kunde?

Dasselbe gilt für die auditive Wahrnehmung. Sprich: Was hört der Kunde oder die Kundin? Das können ganz unterschiedliche Dinge sein:

  • Baustellenlärm an der GroĂźbaustelle gegenĂĽber
  • Aussagen und Meinungen im familiären Umfeld
  • Nachrichten und Medieninhalte

Auch dieses Segment versucht, das Umfeld der Kunden näher zu ergründen

Segment 4 - Denken und FĂĽhlen | Was denkt und fĂĽhlt der Kunde bzw. die Kundin?

In Segment 4 stehen alle Gedanken und Gefühle potenzieller Kund:innen oder einer Buyer Persona im Zentrum. Generell geht es also darum, sich nun in den Interessenten hineinzudenken und auch all die Dinge zu erarbeiten, die im Verdeckten ablaufen. Wer mit „echten“ Kunden arbeitet, sollte hier im Hinterkopf behalten, dass niemand sein Innerstes komplett nach außen kehrt. Die folgenden Fragen helfen, dieses Segment zu füllen:

  • Was zählt wirklich fĂĽr ihn/sie?
  • Was beschäftigt ihn/sie?
  • WorĂĽber grĂĽbelt er/sie nachts?
  • Welche Sorgen und WĂĽnsche hat er/sie?

Segment 5 - Pain und Schmerzpunkte

Wer die Segmente 1 bis 4 bearbeitet hat, bekommt ein tieferes Verständnis für die wunden Punkte des Kunden. Diese werden in Segment 5 skizziert: Welche Ängste und Frustrationen gibt es im Leben des Kunden? Steht er vor Hindernissen – wenn ja, vor welchen?

Segment 6 - Gain und Positives

Alles, was die Kundin oder der Kunde als positiv verbucht, wird final im sechsten Segment festgehalten. Wie sieht Erfolg für ihn/sie aus? Was will er/sie wirklich erreichen? Welche Strategien nutzt der Kunde, um Benefits zu erreichen? Wie verhält es sich mit seiner Begeisterungsfähigkeit?

Mehr Customer Intelligence mit der Kunden-Empathie-Karte

Mithilfe der sechs ausgefüllten Segmente gelingt es, die Lebensrealität einer Kundin oder eines Kunden vollumfänglich darzustellen. Wer vorab Buyer Personas erstellt hat, bekommt nun die Möglichkeit, den Charakteren bestimmte Eigenschaften, Motive und Bedürfnisse zuzuschreiben. Die Erkenntnisse sind nun die Basis für das weitere Vorgehen: Wie lässt sich das eigene Angebots- oder Dienstleistungsportfolio im Hinblick auf den Kundennutzen und die Kundenzufriedenheit verbessern? Wo bieten sich potenzielle (weitere) Touchpoints in der Customer Journey?

Im B2C-Bereich erscheint die Customer Empathy Map besonders greifbar zu sein. Anhand der aus der Karte gewonnen Ergebnisse wird es nun einfach, bestimmte Kundengruppen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten und Bedürfnissen zu clustern. Doch der Einsatz der Empathy Map lohnt sich ebenfalls im B2B-Umfeld: Auch Einkäufer:in, Geschäftsführer:in oder Ansprechpartner:in aus dem Buying Center sind verschiedenen äußeren Einflüssen ausgesetzt, die ihr Denken und Handeln beeinflussen.

Manuel Schmidt
Manuel Schmidt

MD tractionwise | Behavioral Data & UX