Hallo Constanze, vielen lieben Dank, dass Du Dir Zeit für mich genommen hast.
Wir haben uns im Januar 2020 auf dem Provotainment-Training in München bei Martin Gaedt kennengelernt. Stelle dich doch bitte einmal selbst vor.
Gerne. Seit gut zwölf Jahren bin ich tätig als Beraterin, Coach und Moderatorin. Zuvor habe ich zehn Jahre als Inhouse-Consultant, Moderatorin und Trainerin bei Siemens gearbeitet – nach mehrjähriger Tätigkeit als Psychotherapeutin und vorangegangenem Psychologie-Studium.
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Schon bei Siemens war ich als Inhouse-Beraterin tätig. So gerne ich immer in einem großen Konzern gearbeitet habe, so reizvoll erschien mir auch eine selbstständige Beratungstätigkeit.
Den Sprung in die Selbstständig habe ich dann nach meiner Elternzeit gewagt – zum einen, um meine eigenen Vorstellungen noch besser verwirklichen zu können, zum anderen um flexibler zu sein und Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.
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Meinen Alltag empfinde ich als sehr vielseitig. Bei meinen Beratungsaufträgen bin ich oft bei meinen Kunden vor Ort – in Einzelgesprächen, Team-Besprechungen oder Workshops. Vorbereitungen und Konzeptarbeiten erledige ich von meinem Büro aus.
Bei verschiedenen Kunden in verschiedenen Unternehmen sein zu dürfen, finde ich sehr, sehr spannend: Die unterschiedlichen Branchen mit ihren unterschiedlichen Herausforderungen; vor allem aber auch, wie sehr sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Kultur und Atmosphäre unterscheiden. Die Herausforderungen, vor denen Unternehmen und einzelne Führungskräfte stehen, sind immer sehr individuell. Entsprechend individuell sind auch die Lösungsansätze.
Es macht mir sehr viel Freude, diese gemeinsam mit meinen Kunden zu entwickeln. Das Thema Führung spielt dabei immer ein wichtige Rolle – sei es bei Organisationsentwicklungs-, Innovations- oder Kulturveränderungsprozessen oder wenn es um die Einzelberatung einer Führungskraft geht.
Corona-bedingt finden derzeit etliche Meetings online statt. Das heißt, wie viele andere auch bin ich aktuell mehr im Büro als sonst. Vor Ort zu sein, genieße ich deshalb gerade umso mehr.
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Ich erlebe regelmäßig, dass diese Begrifflichkeiten für Verwirrung sorgen. Außerdem gibt es keine wirklich einheitlichen Definitionen dazu. Für mich persönlich sind Digital Leadership 4.0 und Führung 4.0 das gleiche und zielen auf eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Form der Führung, die aktuellen und künftigen Anforderungen gerecht wird.
Besser gefällt mir der Begriff „Führen in Digitalen Zeiten“, weil er zwar deutlich macht, dass neue Technologien die Arbeitswelt, das Zusammenarbeiten und Führen stark prägen, aber nicht zentral sind beim Thema Führung. Vielmehr geht es um einen Paradigmenwechsel weg von hierarisch geprägter Führung im Stil von comand-and-control hin zu einer sinnstiftenden Führung, Kooperation und Kommunikation mit den Mitarbeitenden – und zwar auf Augenhöhe.
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Den deutschen Mittelstand und seine Führungskräfte erlebe ich in punkto Führung sehr unterschiedlich. Ich kenne Unternehmen, die sehr innovativ sind und erkannt haben, dass Führung bei Innovationen und Transformationen die zentrale Rolle spielt. Hier erlebe ich offene Führungskräfte, die sich selbst und die Führungskultur im Unternehmen reflektieren und verändern und damit Transformationen möglich machen. Aber ich kenne auch Unternehmen, deren Führungskräften nicht bewusst ist, wie notwendig sie sich selbst hinterfragen und bewegen sollten und die Gefahr laufen, notwendige Veränderungen und Innovationen zu verschlafen.
Corona und die damit einhergehende Krise hat Führungskräfte enorm gefordert und tut dies immer noch. Sie mussten und müssen als KrisenmanagerInnen agieren und sich zugleich um die Belange Ihrer Mitarbeitenden kümmern, waren und sind zugleich auch selbst von der Situation betroffen und – unterschiedlich stark – verunsichert. Ein echter Balance-Akt. Umso wichtiger ist es, sich diesem bewusst zu stellen. Sowohl für jede einzelne Führungskraft als auch für das Unternehmen. Unternehmen, die das aktiv in Angriff nehmen, können Corona und die Krise als Chance nutzen, um ihre Führungskultur weiter zu entwickeln.
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Ja, hier sehe ich auf jeden Fall Überschneidungen. Die Führung bzw. Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle, was die Ausrichtung des Unternehmens angeht. Eine Zentrierung auf den Kunden muss deshalb von der Führung priorisiert und in der gesamten Ausrichtung berücksichtigt sein – in der Organisationsstruktur, in der Strategie, in Geschäftsmodellen und -prozessen sowie in der Führungs- und Unternehmenskultur.
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Ganz richtig: Es beginnt immer ganz oben! Werte und Prinzipien müssen von Führungskräften vorgelebt werden. Mitarbeiter orientieren sich immer an denjenigen, von denen sie geführt werden. Auch Führungskräfte werden geführt und orientieren sich an den eigenen Führungskräften.
Die Spitze prägt somit Werte und Kultur im Unternehmen. Ich spreche gerne von der Leuchtturmfunktion, die Führungskräfte haben: Sie sind weithin sichtbar und sollten deshalb leuchtendes Vorbild sein sowie Orientierung und Sicherheit bieten.
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Wie ich vorhin schon sagte, ist ein Paradigmenwechsel notwendig, um all die künftigen Herausforderungen, vor denen Unternehmen heute stehen, meistern zu können: Etwa ein immens hoher Innovationsdruck, hohe Innovationsgeschwindigkeiten, das Verschwimmen von Branchen, gewaltige Disruptionen, die oft aus völlig fremden Branchen kommen, eine veränderte Arbeitswelt oder auch unvorhergesehene Krisen wie wir sie gerade erleben.
Diesen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts kann man nicht begegnen mit einer Führung starr hierarchischer Prägung und Formen der Zusammenarbeit, die im vergangenen Jahrhundert erfolgreich waren. Vielmehr braucht es Vernetzung, Kooperation, Kommunikation auf Augenhöhe mit den Mitarbeitenden. Aber nicht nur mit ihnen.
Vielmehr ist eine viel intensivere Vernetzung und Zusammenarbeit über die Unternehmensgrenzen hinweg notwendig. Eine besondere Rolle spielt dabei natürlich der Kunde. Ihr wisst viel besser als ich, wie wichtig es ist, eng mit dem Kunden vernetzt zu sein, um seine Probleme und Bedürfnisse genau zu kennen und ihn schon frühzeitig bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen einzubeziehen – und wie wenig das oft noch praktiziert wird.
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Hier lässt sich eine Parallele zur Führung ziehen. Zahlreiche Befragungen und Untersuchungen zeigen immer wieder, dass sich die meisten Führungskräfte für gute Führungskräfte halten, Mitarbeitende ihren Führungskräften jedoch ein miserables Zeugnis in punkto Führung ausstellen. Hier klaffen also Selbst- und Fremdbild enorm auseinander.
Wenn ich mit Führungskräften und ihren Mitarbeitern arbeite, erlebe ich immer wieder, wie wenig Führungskräfte ihr eigenes Führungsverständnis und -verhalten reflektieren und wie wenig sich oft ihr Selbstbild mit dem Bild deckt, das ihre Mitarbeitenden von ihnen haben. Dass sich Führungskräfte tatsächlich viel weniger mit ihren MitarbeiterInnen befassen als sie glauben – sie wissen oft wenig über ihre MitarbeiterInnen und was sie antreibt. Für manche Führungskräfte ist also auch der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin ein unbekanntes Wesen…
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Interessanterweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass Veränderungsbereitschaft und Fähigkeit zur Veränderung bisweilen gar keine Frage des Alters sind. Ich kenne durchaus langjährige und ältere MitarbeiterInnen, die sehr innovativ und bereit zur Veränderung sind, wohingegen so manch junger Mitarbeiter, manch junge Mitarbeiterin erstaunlich unbeweglich ist.
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Ohne mir ein Bild von Karl-Werner und der Maschinen Meyer GmbH gemacht zu haben, würde ich gar keine Empfehlungen aussprechen. Denn ich weiß ja gar nicht, in welcher Situation sich Karl-Werner und das Unternehmen befinden, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Ich würde mir also erst sehr ausführlich über das Unternehmen berichten und mir das Unternehmen zeigen lassen.
Liebe Constanze, vielen lieben Dank für das Interview, die wertvollen Informationen und Deine Zeit und alles Gute für die Zukunft. Bis bald.
Auch Dir, lieber Manuel, sehr herzlichen Dank für die spannenden Fragen und das Gespräch. Euch ebenfalls alles Gute, bis demnächst.
Das Interview mit Dr. Constanze Holzwarth führte Manuel Schmidt.
Seit mehr als 20 Jahren bin ich als Beraterin in DAX- und Großunternehmen sowie für führende Mittelständler tätig.
Ich berate Führungskräfte und Führungsteams aus dem Topmanagement zu Führungsthemen sowie bei Transformations- und Innovationsprozessen, Organisations- und Kulturveränderungen.
Darüber hinaus berate und coache ich einzelne TopmanagerInnen, wenn es um individuelle (Führungs-) Herausforderungen und persönliche Veränderungen geht.
Hast Du Fragen oder Anmerkungen?
Dann freue ich mich über Deine Kontaktaufnahme.
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