Die Welt in der wir leben verändert sich ständig. Neue Erkenntnisse und Ideen sorgen für Fortschritt und treiben Entwicklungen voran, die oftmals unser aller Leben verändern können. Besonders in den letzten Jahrzehnten, im Informationszeitalter, haben neue Technologien – allen voran das Internet – für tiefgreifende Transformationen in unzähligen Aspekten der Gesellschaft gesorgt.
Und dieser Wandel macht auch vor Unternehmen nicht halt. Diese Entwicklungen bergen das Potenzial für enorme Steigerungen von Leistung und Skalierbarkeit.
Damit auch Du diese Potenziale nutzen kannst, möchte ich Dir in diesem Artikel das Modell der Exponentiellen Organisationen näherbringen. Ich werde Dir erklären, worin der Unterschied zwischen einer traditionellen, klassischen Organisation wie wir sie kennen und einer exponentiellen Organisation liegt, wie Salim Ismail sie beschreibt. Dazu werde ich die Prinzipien und Merkmale der beiden Organisationsformen veranschaulicht gegenüberstellen. Nachdem es nicht viel Literatur dazu gibt, beziehe ich mich primär auf das Buch Exponential Organizations von Salim Ismail, werde aber auch meine eigenen Erfahrungen, die ich bislang sammeln konnte mit einfließen lassen.
Noch etwas Geduld. Bevor wir eintauchen in die Welt der erfolgreichen ExOs, betrachten wir zuerst die klassische Unternehmensform, die nach linearen Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Möchtest Du direkt erfahren, was ExOs sind, dann spring zu Deinem Wunschabschnitt.
Für sehr lange Zeit war die Produktivität einer Gemeinschaft direkt von ihrem Eigenkapital abhängig. Die folgenden Beispiele, die Du sicher auch aus dem Geschichtsunterricht kennst, verdeutlichten dies:
Am Anfang der Menschheit waren es die Jäger und Sammler, die als Kapital nur sich selbst und ihre eigene Arbeitskraft hatten. Bald lernte der Mensch, Nutztiere zu zähmen und für sich arbeiten zu lassen. Ochsen und Esel wurden irgendwann durch Dampfmaschinen ersetzt, die industrielle Produktion und Massenfertigung ermöglichten. Jede dieser Evolutionsstufen brachte die Menschheit voran und sorgte für mehr Produktivität und Wohlstand. Mit jedem Schritt erhöhte sich die Leistungsfähigkeit der Produktion um ein Vielfaches. Ein Esel schaffte die Arbeit mehrerer Menschen auf dem Feld und eine einzige Spinnmaschine zu Zeiten der industriellen Revolution übernahm den Job einer Vielzahl von Nähern und zwar in atemberaubender Geschwindigkeit.
Doch obwohl mit jeder Evolutionsstufe die Produktivität vervielfältigt wurde, blieb das grundlegende Prinzip linear.
Verdoppelt sich die Anzahl von Eseln oder Fabriken, so verdoppelt sich auch die Produktivität.
Die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens steht und fällt deshalb mit seinem materiellen Besitz in Form von Produktionsmitteln. Will ein Unternehmen wachsen, sind also Kapitalinvestitionen und meistens auch Zeit nötig. Bis eine neue Fabrik geplant, genehmigt, gebaut und in Betrieb genommen ist, vergehen oft einige Jahre.
Kurz gesagt bedeutet das: klassisch organisierte Unternehmen müssen oft sehr große Investitionen tätigen, deren Ergebnis erst nach langer Zeit sichtbar wird.
Besonders in Bereichen, die andauernden Veränderungen und Weiterentwicklungen unterliegen, kann dies einem Glücksspiel mit hohem Einsatz gleichkommen – ein Risiko, das Du Dir bewusst machen solltest. Wie sich Deine Branche in den nächsten Jahren entwickelt, weiß niemand. Wenn Dein Unternehmen seine Anstrengungen in eine einzige Richtung lenkt und sich am Ende herausstellt, dass dies die falsche Entscheidung war, ist es vielleicht zu spät. Die Konkurrenz hat es inzwischen besser gemacht oder die ganze Branche hat sich so stark verändert, dass die ursprüngliche Geschäftsidee obsolet ist. Inklusive des für sie aufgewendeten Kapitals. Beispiele hierfür gibt es unzählig viele.
Doch was macht eine ExO anders? Was zeichnet sie aus und warum ist das heutzutage so bedeutsam?
Solch langwierige und unflexible Pläne, wie ich oben beschrieben habe, kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten. Durch die weitreichende Nutzung von Informationstechnologie gehen Entwicklungen heute sehr viel schneller.
Gordon Moore hat das nach ihm benannte Postulat „Moore’s Law“ aufgestellt, nach dem sich die Rechenleistung von Transistoren und damit auch Mikroprozessoren etwa alle 2 Jahre verdoppelt, also exponentiell wächst. Obwohl dieses „Gesetz“ nur eine Vorhersage und kein Naturgesetzt ist, hat es sich in den letzten Jahrzehnten im Großen und Ganzen bewahrheitet. Der Zukunftsforscher Ray Kurzweil hat sich näher mit dieser Entwicklung beschäftigt und dabei wichtige Erkenntnisse gewonnen, die auch elementar für das Prinzip der ExOs sind:
Mit einem Beispiel aus der Biotechnologie will ich Dir zeigen, wie diese Erkenntnisse auch in anderen Bereichen als der IT für disruptive Veränderungen sorgen können. Das Human Genome Project wurde 1990 gegründet und hatte das Ziel, ein menschliches Genom zu entschlüsseln. Die Schätzungen sagten für das Projekt eine Dauer von 15 Jahren voraus. Im Jahr 1997, nach der Hälfte der Zeit, war erst ein Prozent des Genoms entschlüsselt. Experten erklärten das Projekt für gescheitert und rieten dazu, es einzustellen. Denn wenn ein Prozent sieben Jahre gedauert hatte, würde die Entschlüsselung des ganzen Genoms dauern. Auch Kurzweil äußerte sich zu der Problematik, sah das Projekt aber überhaupt nicht als gescheitert an. Er erkannte, dass die Geschwindigkeit der Entschlüsselung exponentiell stieg, und behielt Recht. Bereits 2001, also noch früher als ursprünglich veranschlagt, wurde die Entschlüsselung fertiggestellt. Inzwischen lassen sich ganze menschliche DNA-Profile für weniger als 1000 Dollar entschlüsseln, einem Bruchteil der damaligen Kosten.
"Wenn man sich nur auf Innovationen verlässt, die aus dem eigenen Unternehmen kommen, dann kann man nicht überleben."
Um den oben beschriebenen Entwicklungen und Erkenntnissen gerecht zu werden, müssen moderne Unternehmen umdenken. Der Autor und Entrepreneur Salim Ismail hat sich mit modernen Unternehmen auseinandergesetzt und mit seinem Team durchleuchtet, welche gemeinsamen Prinzipien sich bei erfolgreichen und schnell wachsenden Unternehmen finden lassen. Mit diesen wertvollen Daten haben sie das Modell der Exponentiellen Organisationen entwickelt, das sie ausführlich im Buch „Exponential Organizations“ beschreiben.
Im Buch findet sich die folgende Definition:
„Eine Exponentielle Organisation (ExO) ist eine Organisation, deren Wirkung (oder Ertrag) überproportional hoch – mindestens zehn Mal höher – ist, als bei vergleichbaren Organisationen. Der Grund dafür ist die Anwendung neuer Organisationsmethoden, die beschleunigende Technologien nutzen.“
Auch das Grundprinzip, nach dem die ExOs funktionieren, bringt das Buch gut auf den Punkt:
„Statt mit vielen Menschen zu arbeiten oder große Fabriken zu bauen, basieren Exponentielle Organisationen auf Informationstechnologien, die das, was in der Natur einmal materiell war, in die digitale Welt bringen, in der es immer vefügbar ist.“.
Eine (entstehende) ExO kannst Du dem Standardwerk zufolge an einer mindestens zehnfachen Steigerung des Outputs über einen Zeitraum von 4 bis 5 Jahren identifizieren.
Ismail und seine Kollegen haben eine Reihe von Merkmalen identifiziert, die eine ExO ausmachen. Anhand dieser kannst Du die Aspekte und Strategien von ExOs gut nachvollziehen und Stück für Stück mit Deiner eigenen Unternehmensphilosophie und -Strategie vergleichen.
Das erste dieser Merkmale ist der MTP (Massive Transformative Purpose), der einen gewissen Rahmen vorgibt.
Bestimmt hast auch du schon einmal den Slogan “The sky is the limit” gehört. Was auf den ersten Blick überambitioniert klingt, kann in Wahrheit ein treibender Faktor für ein erfolgreiches Unternehmen sein.
ExOs müssen sich hohe Ziele setzen. Wer klein denkt, verfolgt in der Regel keine Strategie, die ein schnelles Wachstum begünstigt. Wenn der Umfang des eigenen Business irgendwann das Geschäftsmodell überholt, kann ein Unternehmen die Orientierung verlieren und weiß nicht mehr, in welche Richtung es sich bewegen soll.
Um diesem Problem vorzubeugen, besitzen erfolgreiche Exponentielle Organisationen hohe Ziele, die „Massive Transformative Purpose“ genannt werden. Beispiele für solch MTPs sind etwa
Ein MTP ist der übergeordnete und zielgerichtete Sinn hinter einer Organisation. Ein Massive Transformative Purpose ist nicht:
Ein MTP kann Dir auch Wettbewerbsvorteile verschaffen. Unternehmen, die neue Zweige eröffnen (sogenannte First Movers) können sich mit einem umfassenden MTP von der Konkurrenz abheben. Lautet der MTP beispielsweise „Information für alle verfügbar machen“, so kann ein Konkurrent nur darunter bleiben, denn ein Statement wie etwa „Information für alle verfügbar machen aber besser“ wirkt wenig einfallsreich.
Ein guter MTP hilft Dir außerdem dabei, attraktiv für neue Talente und andere Organisationen wie Partnerunternehmen oder NGOs zu sein (siehe Community und Crowd; unten). Der MTP spart Aufwand und Kosten, um diese potenziellen Partner ins Boot zu holen und zu halten. Last But not Least hat ein MTP auch den Vorteil, dass er als stabilisierendes Element in Phasen von zufälligem Wachstum wirkt, was für exponentiell skalierende Organisationen sehr wichtig ist.
Neben dem MTP gibt es zehn weitere Merkmale, die Du in Exponentiellen Organisationen finden kannst. Nicht jede ExO besitzt alle Merkmale, aber je mehr vorhanden sind, desto besser ist sie skalierbar. Nach den Recherchen von Ismail und seinem Team sollte ein Unternehmen mindestens vier dieser Merkmale implementiert haben, um als Exponentielle Organisation bezeichnet werden zu können.
Die Merkmale sind eingeteilt in die beiden Bereiche SCALE und IDEAS.
Auch für bereits etablierte Unternehmen lassen sich viele der Prinzipien anwenden, die ExOs erfolgreich gemacht haben. Wir haben für Dich die wichtigsten Tipps zusammengetragen, mit denen auch Du Dein Unternehmen in Richtung exponentielles Wachstum ausrichten kannst.
Hinweis: Bei der Neuausrichtung bestehender Unternehmen ist zu beachten, dass sich jeder Fall hinsichtlich der Ausgangsbedingungen unterscheidet. Aus diesem Grund gibt es kein „Patentrezept“, sondern es muss ein Vorgehen gewählt werden, das zu den Gegebenheiten passt.
Wenn der Geschäftsbereich Deines Unternehmens auf Informationen basiert, hat es das Potenzial, exponentiell zu wachsen. Die Philosophie der Exponentiellen Organisationen hilft Dir dabei, dieses Potenzial besser zu verstehen und nutzbar zu machen. Die wichtigsten Punkte dabei sind der Massive Transformative (MTP), der einen Rahmen und eine Richtung vorgibt, sowie die Nutzung von genutzten Wirtschaftsgütern (Shared Assets).
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