Was auf den ersten Blick sinnvoll klingt, ist jedoch nicht ganz makellos.
Das noch recht junge Prinzip „Jobs to be done“ stellt einen alternativen Ansatz dar, mit dem Du einen direkteren Zugang zu deinen Kunden gewinnen kannst.
Bisher galt der Grundsatz: Je besser Du deine Zielgruppe kennst und sie beschreiben kannst, desto besser sind die Produkte und Services, die Du auf Grundlage dieser Überlegungen entwickeln kannst. Datengestützt wurde deshalb versucht, so viel wie möglich über den Kunden und das, was ihn ausmacht, herauszufinden. Mit detaillierten Personas wurde den Kunden ein Gesicht und eine Persönlichkeit gegeben. All das sollte dazu dienen, sich in die eigenen Kunden hineinversetzen zu können, schließlich gehört man oft genug gar nicht selbst zur Zielgruppe.
Allerdings sollte eine Sache dabei bedacht werden: Von der Charakteristik eines Menschen kann nicht einfach sein Handeln vorhergesagt werden. Es gibt viele Korrelationen zwischen den Eigenschaften eines Menschen und seinen Handlungen. Doch oft sind diese gar nicht kausal.
Dies kannst du dir mit folgender Frage ganz einfach selbst vergegenwärtigen: Handle ich auf eine bestimmte Art und Weise, weil ich ich bin? Oder handle ich so, weil ich eine Aufgabe erfüllen, etwas erreichen will?
Ein weiterer häufig auftretender Fehler liegt darin, sich zu sehr auf das jeweilige Produkt oder falsch verstandene Kundenbedürfnisse zu fokussieren. Das folgende bekannte Zitat von Theodore Levitt bringt es auf den Punkt:
„Kunden wollen keinen Bohrer, sie wollen ein Loch in der Wand.“.
Anstatt sich darauf zu konzentrieren, einen besseren Bohrer zu entwickeln, sollte also das eigentliche Problem im Vordergrund stehen. Die zugrunde liegende Aufgabe, zum Beispiel ein (schweres) Bild aufzuhängen oder ein Wandregal zu befestigen.
Ein Ansatz, um diese Fehler zu umgehen, ist in der JTBD-Theorie zu finden. Sie besagt, dass es bei Kaufentscheidungen primär darum geht, eine Aufgabe, also einen Job zu erfüllen. Die Nutzer „kaufen“ keine Produkte oder Dienstleistungen, sondern „engagieren“ sie, um einen Job zu erledigen.
Als Erfinder der Jobs to be done-Theorie gilt Clayton M. Christensen, Professor an der Harvard Business School. Seine Theorie hat er im folgenden Zitat zusammengefasst:
„Customers don’t just buy products, they hire them to do a job.“
Im Zentrum der Überlegungen steht dabei die Frage, warum Kunden ein Produkt kaufen oder einen Service nutzen, oder anders formuliert: welchen Job sie erledigt haben wollen. Je nützlicher Dein Produkt bei der Erfüllung dieses Jobs ist, desto zufriedener werden Deine Kunden damit sein.
Der Theorie liegen dabei drei Annahmen zugrunde:
Das JTBD-Prinzip lässt sich in vielen Bereichen anwenden und kann Dich in deinem Unternehmen vielfältig unterstützen, etwa in den folgenden Anwendungsgebieten:
Die Ziele, die Jobs, deiner Kunden lassen sich in direkte und indirekte Ziele einteilen. Die direkten Ziele stellen dabei die offensichtlichen Aufgaben dar, die im Vordergrund stehen. Die indirekten Ziele sind dagegen nicht so leicht ersichtlich. Um sie zu ermitteln, musst du Genau hinterfragen, zum Beispiel mit der „5-Why-Methode“.
Neben den direkten und indirekten Zielen gilt es auch andere Aspekte zu betrachten. Ein Job besitzt dabei funktionale, emotionale und soziale Aspekte. In der Regel stellt dabei der funktionale Aspekt das direkte Ziel dar, während die emotionalen und sozialen Aspekte oft nicht so leicht zu erkennen sind und indirekte Ziele darstellen.
Nicht alle Aspekte sind immer gleich relevant und nicht alle müssen immer adressiert werden. Es geht vielmehr darum, ein Bewusstsein für die Bedürfnisse zu entwickeln, die über den funktionalen Nutzen hinausgehen. Das Fragen nach sozialen und emotionalen Faktoren schafft eine Erweiterung des eigenen Horizonts, die für die Aha-Momente bei der Arbeit mit der JTBD-Methode sorgt.
Das bekannteste Anwendungsbeispiel für die Jobs to be done-Methode stammt von Christensen selbst. Er beschreibt darin, wie er und seine Kollegen von einer Fast-Food-Kette damit beauftragt wurden, die Verkäufe von Milchshakes anzukurbeln.
Im Vorfeld hatte das Unternehmen bereits selbst versucht, den Absatz zu erhöhen, indem Kunden aus der Milchshake-Zielgruppe zu möglichen Verbesserungen des Produkts befragt und ihr Feedback umgesetzt wurde. Die Änderungen hatten jedoch keinen Einfluss auf die Verkaufszahlen.
Einer von Christensens Kollegen wählte einen anderen Ansatz und fragte danach, welche „Jobs“ die Kunden erledigt haben wollten. Das Team befragte vor Ort Kunden und stellte andere Fragen als zuvor das Unternehmen, nämlich die nach den Jobs. Dabei zeigte sich, dass sehr viele Milchshakes morgens verkauft werden und sie besonders bei Pendlern beliebt sind. Durch die Befragungen konnten folgende Ziele und Aspekte ausgemacht werden, die bei der Kaufentscheidung für Milchshakes eine Rolle spielen:
In diesem Video kannst Du das Beispiel und Claytons Gedanken dazu selbst noch einmal nachvollziehen.
Im Beispiel ließen sich folgende Learnings ableiten:
Aus diesen Erkenntnissen wurden dann folgende Änderungen am Produkt abgeleitet, die letztendlich zur gewünschten Absatzsteigerung führten:
Natürlich lässt sich die Methode nicht nur bei Milchshakes anwenden, sondern kann Dir auch in vielen anderen Feldern behilflich sein. Die folgenden Grundschritte bieten Dir einen roten Faden, der dich bei der Anwendung unterstützt. Die Inspiration dazu stammt von Digitalisierungs-Coach Andreas Diehl (Digitale Neuordnung) und lässt sich am besten in Form eines Workshops umsetzen.
Bei der praktischen Anwendung kann dir auch eine JTBD-Canvas helfen, die ähnlich wie andere Canvases aus dem Design Thinking funktioniert.
Jobs to be done ist eine noch junge Theorie bzw. Methodik, die nicht nach den Eigenschaften der Kunden fragt, sondern nach den übergeordneten Aufgaben (Jobs), die sie erfüllen möchten.
Dies führt dazu, dass ein neuer Blickwinkel auf Produkt, Nutzer und auch Konkurrenz gewonnen wird. In der praktischen Anwendung lässt sich der Ansatz gut mit bekannten Methoden, etwa aus dem Design Thinking, kombinieren.
Als Customer Insights Experte und zertifizierter Scrum Product Owner erlebe ich täglich, wie wichtig eine kundenzentrierte Produkt- und Marketingentwicklung ist.
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