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Marktforschung vs. Kundenentwicklung: Wo liegen die Unterschiede?

André Wehr
Kundenbedürfnisse in den Blick zu nehmen, um Produkte und Services zu verbessern – so das Ziel der Marktforschung. Warum dann noch Kundenentwicklung on top? Doppelt gemoppelt hält besser? Oder ist da doch mehr?

Doch auch das Customer Development – zu Deutsch Kundenentwicklung – legt den Fokus auf die Bedürfnisse der Kund:innen. Aber wo liegt nun der Unterschied zwischen der generellen Marktforschung und dem Customer Development? Mit welchen Vorteilen punktet die Kundenentwicklung im Vergleich zur Marktforschung?

Marktforschung oder / und Customer Development

Inhaltsverzeichnis

Marktforschung: Ausgangslage für strategische Entscheidungen

Die Marktforschung bedient sich wissenschaftlich anerkannter Methoden, um Daten zu erheben und auszuwerten. Dabei kommen ganz unterschiedliche Marktgegebenheiten auf den Prüfstand. Auf diese Weise bietet die Marktforschung wichtige Einblicke:

  • Wie sieht die aktuelle Lage auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten aus?
  • Was läuft gut?
  • Wo ist Optimierungspotenzial im eigenen Unternehmen?

Ziel der Marktforschung ist es, Erkenntnisse über eigene Produkte, Zielgruppen und Konkurrenten zu erhalten. Auf dieser Basis kann die Geschäftsleitung dann fundierte strategische Entscheidungen treffen. Denn nur wenn Entscheider wissen, wie der Markt aussieht, sind abgesicherte Marketing- und Produktentscheidungen möglich.

Von Trends bis Bewertung: Aufgabenspektrum der Marktforschung

Die Marktforschung erfüllt für ein Unternehmen verschiedene Aufgaben. Da eine gut durchgeführte Marktanalyse wertvolle Informationen bietet, gibt es externe Dienstleister, die sich auf die Marktforschung spezialisiert haben. Doch es geht auch ohne diese Dienstleister: Viele Betriebe entscheiden sich dafür, die Marktforschung unternehmensintern abzuwickeln.

Doch wo genau liegt nun der Mehrwert der Marktforschung? Sie dient zum einen dazu, aktuelle Trends und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und das eigene unternehmerische Handeln darauf abzustimmen. Eine Marktanalyse liefert Impulse für Marketingmaßnahmen und Produktentscheidungen.

Doch auch bei Prognosen spielt die Marktforschung eine wichtige Rolle. Denn wenn Du aktuelle Entwicklungen kennst, kannst Du auch besser abschätzen, wie sich der Markt zukünftig verhalten wird. Sieh die Marktforschung als eine Art Frühwarnsystem: Zeigt der Markt Tendenzen, die sich von Deiner aktuellen Unternehmenspositionierung entfernen, kannst Du Deine Strategien dank einer Marktanalyse rechtzeitig anpassen.

Aber auch wenn es darum geht, sich für konkrete Marketing- und Produktentscheidungen auszusprechen, hilft die Marktforschung. Denn mit den systematischen Methoden lassen sich verschiedene Optionen auf den Prüfstand stellen. So machst Du die Version ausfindig, die am Markt den meisten Anklang findet. Auch wenn Du eine unternehmerische Entscheidung bereits getroffen hast, kannst Du mit der Marktforschung den Erfolg oder Misserfolg dieser Maßnahme messen.

Verschiedene Formen der Marktforschung im Detail

Die Methoden der Marktforschung beruhen drauf, Daten zu beschaffen und auszuwerten. Welche konkreten Maßnahmen zum Erheben der Daten zum Einsatz kommen, ist von der Form der Marktforschung abhängig. Dabei unterscheidet man zum einen die Primär- und die Sekundärforschung. Während die Primärforschung Daten in den Blick nimmt, die bisher noch nicht erfasst wurden, bedient sich die Sekundärforschung bereits erhobener Zahlen und Fakten.

Zum anderen ist aber auch die Art und Weise der Datenerhebung wichtig. Hieraus ergibt sich die Unterteilung in quantitative und qualitative Marktforschung. Die quantitative Marktforschung erfasst Märkte dabei in Zahlen und Statistiken. Anders geht die qualitative Marktforschung vor: Hier kommen offenere Erhebungsmethoden zum Einsatz, die es den Kund:innen erlauben, zu Wort zu kommen.

Die Zukunft vorauszusagen, ist ganz einfach. Bei der Vorhersage richtig zu liegen, das ist der schwierige Teil.

Primäre vs. sekundäre Marktforschung
Bei der primären Marktforschung geht es darum, Daten zu sammeln, die bisher noch nicht erfasst wurden. Sie bezieht sich auf ein bestimmtes Marktsegment und die zugehörige Zielgruppe. Durch Befragungen, Beobachtungen und Tests generiert man dabei Informationen, die für das eigene Unternehmen relevant sind.

Anders verhält es sich bei der sekundären Marktforschung. Hier erhebt man keine neuen Daten. Vielmehr geht es bei dieser Form der Marktforschung darum, auf bereits vorhandene Erkenntnisse zurückzugreifen. Dazu zählen zum Beispiel Trendanalysen, Marktstatistiken oder unternehmensinterne Vertriebsstatistiken.

Möchtest Du beispielsweise die Wettbewerber Deines Unternehmens bestimmen, kannst Du zu Methoden der Sekundärforschung greifen. Zudem hilft Dir die sekundäre Marktforschung auch dabei, Trends und Entwicklungen im Zeitverlauf sichtbar zu machen.

Quantitative Marktforschung: Wissen in Zahlen
Die quantitative Marktforschung hat das Ziel, die Ergebnisse in Form von numerischen und statistischen Aussagen zu präsentieren. Lässt Du Deine Kundinnen und Kunden einen Fragebogen ausfüllen, auf dem sie ihre Zufriedenheit auf einer Skala einordnen sollen, fällt dies unter die quantitative Marktforschung.

Häufig kommen hierbei auch große, repräsentative Umfragen zum Einsatz. Ihr Ziel ist es, Rückschlüsse auf die Tendenzen innerhalb der Käuferschaft zu ermöglichen. So lassen sich Aussagen über Häufigkeiten oder Wahrscheinlichkeiten treffen. Auf diese Weise erhältst Du zwar Zugang zu einer großen Menge an Informationen – die speziellen Bedürfnisse und Wünsche Deiner Kunden verrät Dir diese Form der Marktforschung aber nicht zwingend.

Qualitative Marktforschung:
Für kundenzentriertes Arbeiten ist die qualitative Marktforschung interessanter. Denn hier sind die Stichproben zwar kleiner, werden dafür aber sehr viel detailliert befragt. Statt standardisierten, geschlossenen Formaten haben die Befragten hier die Möglichkeit, freie Antworten zu geben.

Neben Befragungen sind auch Experten- und Tiefeninterviews beliebte Methoden der qualitativen Marktforschung. Kreativer Input lässt sich vor allem auch durch sogenannte Fokusgruppen gewinnen. Dabei kommen mehrere Teilnehmer in einer Gruppe zusammen, in der sie sich über ein Produkt oder eine Marketingmaßnahme äußern können. Hier erfährst Du einiges über die Bedürfnisse und Wünsche Deiner Kunden.

B2B Marktforschung: Wenn Geschäftskunden zu Wort kommen

Marktforschung findet nicht nur im B2C-Kontext statt. Auch die Business-to-Business Marktforschung ist für erfolgreiche Produkt- und Marketingkonzepte unerlässlich. Denn nur wenn Du Deine geschäftlichen Kunde:innen verstehst, kannst Du gute Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten.

Aber gerade hier liegt der Knackpunkt: Meistens ist es viel einfacher, Marktforschung im B2C-Bereich zu betreiben. Wieso? Weil es im B2C-Umfeld wesentlich einfacher ist, an potenzielle Nutzer zu gelangen.

Beispiel:
Du bringst eine nachhaltige Zahncreme auf den Markt. Jeder muss Zähne putzen. Die meisten präferieren nachhaltige Produkte. Soweit so gut. Sowohl zu quantitativen als auch zu qualitativen Marktforschungszwecken stehen Dir jede Menge potenzielle Nutzer zur Verfügung.

Schwieriger wird es, wenn Du in Deinem Geschäft einen neuen Service entwickelt hast und wissen willst, wie er ankommt. Zur Befragung kommen grundsätzlich nur Deine Kunden und diejenigen infrage, die den Service nutzen. Zudem ist der Entscheider innerhalb Deines Kunden eine andere Person, wie der Nutzer Deines Kunden. Randnotiz: Hierbei spricht man vom sog. Buying Center.

Die Anzahl derer, die zu Marktforschungszwecken bereitstehen, ist also naturgemäß schon einmal deutlich kleiner. Das macht die Sache nicht einfach.

Genau hier liegt die Herausforderung, mit der sich auch die Kundenentwicklung konfrontiert sieht. Denn auch beim Customer Development geht es um die Kunden. Wir bewegen uns also sowohl beim Customer Development als auch bei der B2B-Marktforschung im Geschäftskundenumfeld. Das ist eine Gemeinsamkeit. Doch es gibt auch Bereiche, in denen sich die Kundenentwicklung deutlich von der B2B-Marktforschung abgrenzt.

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Customer Development: Kund:innen und ihre Probleme verstehen

Die B2B Marktforschung und Customer Development haben einige Parallelen: Beide Bereiche legen den Fokus auf Geschäftskundinnen und Geschäftskunden. Beide versuchen, mithilfe qualitativer Methoden Erkenntnisse zu erlangen. Doch wo liegt nun der Unterschied?

Pains und Gains: Versetze Dich in die Lebensrealität Deiner Kunden
Dieser liegt vor allem in der Haltung, die hinter dem Customer Development steht. Bei der Kundenentwicklung im Kontext der Geschäfts- und Produktideen tritt die Bedarfs- an die Stelle der Verkaufsorientierung. Konkret bedeutet das, dass nicht (nur) die Gewinnmaximierung, sondern auch die Zufriedenheit der Kunden das oberste Ziel darstellt.

Qualitative Methoden helfen, die Kunden und ihre Wünsche besser zu verstehen. Doch Customer Development geht noch einen Schritt weiter: Erhoben wird nicht nur, was die Kunden gut finden, sondern auch, was ihnen Sorgen und Probleme bereitet. Denn hier lässt es sich am besten ansetzen: Wenn ein Produkt oder ein Service ein Problem lösen kann, dann ist es ein gutes Produkt oder ein sinnvoller Service. Stichwort: Problem-Solution-Fit.

Customer Discovery is damn hard work. You can't fake it.

Wichtige Werkzeuge von Customer Development

Interviews und Fokusgruppen spielen in der Kundenentwicklung eine zentrale Rolle. So erfährst Du, wo bereits Zufriedenheit herrscht und an welcher Stelle noch Nachbesserungsbedarf besteht. Das ist vor allem während der Produktentwicklung und beim Go To Market sehr sinnvoll. Denn nur wenn Du ein Produkt oder einen Service hervorbringst, dass Deine Kund:innen auch wirklich wollen, steht dem Erfolg Deines Unternehmens nichts mehr im Wege.

Doch auch bekannte Werkzeuge, wie die Customer Empathy Map oder Buyer Personas helfen Dir, Dich in potenzielle Kund:innen hineinzuversetzen. Und das ist gerade VOR der Entwicklung eines Services oder eines Produkts essenziell. Customer Development arbeitet also bereits vor dem Go To Market mit qualitativen Daten.

Marktforschung und Customer Development im Vergleich
Die Kundenentwicklung punktet mit ihrer Bedarfsorientierung. Das bedeutet, dass bei Unternehmensentscheidungen vor allem auch die Wünsche und Meinungen der Kunden Berücksichtigung finden. Doch im Hinblick auf die Marktforschung grenzt sie sich noch in weiteren Aspekten ab. Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede auf:

Marktforschung und Customer Development im Vergleich
Gegenüberstellung Marktforschung und Kundenentwicklung (Eigene Darstellung)

Die Kundenentwicklung setzt enger und spezifischer an als die Marktforschung. Das hat den Vorteil, dass Deine Kund:innen besser zu Wort kommen können. Nichts ist frustrierender als viel Zeit, Kosten und Mühe in eine Produktentwicklung zu investieren, um am Ende dann festzustellen, dass die Kunden das Produkt gar nicht benötigen.

Setze das Customer Development also ein, um zielführend und bedarfsorientiert zu arbeiten. Durch ein solches kundenzentrierte Vorgehen werden Deine Kunden am Ende nicht nur zufrieden, sondern begeistert sein.

Customer Development in Abgrenzung zur klassischen Marktforschung

Die Marktforschung spielt eine wichtige Rolle, wenn Du Dir einen Überblick über Beschaffungs- und Absatzmärkte verschaffen möchtest. Je nach eingesetzten Forschungsmethoden erhältst Du durch Marktforschung Zugang zu einer großen Datenmenge und kannst Markenbekanntheit, Markenwahrnehmung sowie die Kundenzufriedenheit in den Blick rücken.

Die Kundenentwicklung bedient sich qualitativer Methoden, um Kunden und ihre Probleme genauer zu analysieren und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Stellst Du hier die richtigen Fragen, bieten Dir die Erkenntnisse einen großen Mehrwert für Dein Unternehmen. Denn auf diese Weise entwickelst Du genau die Produkte und Services, die sich Deine Kunden wünschen.

Auf Dauer stärkst Du durch Customer Development auch die Kundenbindung zu Deinem Unternehmen. So gelingt es Dir, Produkt- und Marketingentscheidungen zu treffen, die Deine Kunden nachhaltig überzeugen!

André Wehr
André Wehr

MD tractionwise | Strategy, Data & Conversion